Die Macht der OKRs: So steigern Unternehmen ihre Effizienz durch gezielte Zielsetzung
veröffentlicht am
10.10.2023

Die Macht der OKRs: So steigern Unternehmen ihre Effizienz durch gezielte Zielsetzung

In der dynamischen und herausfordernden Geschäftswelt von heute sind klare Ziele und eine effektive Leistungsmessung für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um erfolgreich zu sein und Unternehmensinnovation voranzutreiben.  

Hier kommen OKRs ins Spiel – ein leistungsstarkes Instrument, das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Visionen in die Realität umzusetzen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Objectives and Key Results, besser bekannt als OKRs, sind eine moderne Herangehensweise an die Zielsetzung und Leistungsmessung, die ihren Ursprung im Silicon Valley hat und mittlerweile weltweit von führenden Unternehmen, Start-ups und Organisationen eingesetzt wird.  

Doch was unterscheidet OKRs von den herkömmlichen Key Performance Indicators (KPIs) und welche Vorteile bieten sie Unternehmen?  

Wie können gut definierte OKRs die Mitarbeitermotivation steigern und zu einer effektiveren Zusammenarbeit im gesamten Unternehmen führen?

In diesem Interview gibt uns OKR-Expertin Cansel Sörgens einen Einblick in die faszinierende Welt der OKRs und erfahren, wie Unternehmen von den Vorteilen der OKRs profitieren können - von der strategischen Ausrichtung bis hin zur Förderung einer agilen und transparenten Unternehmenskultur.

Erste Erfahrungen mit OKRs

Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit OKRs zu beschäftigen und warum sind Sie von der Methode so überzeugt?

2016 hatte ich die Verantwortung übernommen, Portfolio / Programm Management zu etablieren. Die Herausforderung war, eine Übersicht zu schaffen, um zu sehen,

- welche Teams an welchen Themen arbeiten,

- was die erwarteten Ergebnisse sind,

- welche Stakeholder involviert sind,

- wer davon profitiert ,

- welche Zusammenhänge es zwischen den Themen gibt,

- usw.

Auf der Suche nach Möglichkeiten und Empfehlungen bin ich auf OKRs gestoßen.

In der Zeit gab es dazu leider nicht allzu viel Literatur bzw. Erfahrungsberichte im deutschsprachigen Raum, also las ich den Re-Work Guide von Google und schaute mir das berühmte (mittlerweile sehr veraltete und nicht zu empfehlende) Video von Rick Klau an. In diesem erklärt er, wie er als Produkt Manager bei Google mit OKRs arbeitet.

Die Klarheit und das Alignment, was OKRs versprach, überzeugte mich ein Experiment mit drei Produktentwicklungsteams zu starten.

Je mehr ich mich in die Thematik vertiefte und je mehr Erfahrungen ich gesammelt hatte, desto überzeugter war ich, dass Organisationen durch OKRs den Diskurs von Umsetzungsgeschwindigkeit hin zu kundenzentrierter Wertelieferung verschieben können.  

Kundenzentrierte Wertelieferung

OKRs vs. KPIs

Was sind die grundlegenden Unterschiede zwischen OKRs (Objectives and Key Results) und KPIs (Key Performance Indicators)? Wie unterscheiden sich ihre Zwecke und ihre Rolle in der Unternehmenssteuerung?

KPIs zeigen, ob ein Ziel erreicht wurde und messen den Erfolg vergangener Leistungen, während OKRs Fortschritte vorantreiben und die Wahrscheinlichkeit, ein Ziel zu erreichen, erhöhen. KPIs werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst und können zum Zeitpunkt der Messung nicht mehr verändert werden, während OKRs direkt vom Team beeinflusst werden (sollten), und dynamisch anpassbar sind.

KPIs sind wichtig zu messen, um Unternehmenserfolg und Stabilität zu beobachten, allerdings helfen sie nicht zur Orientierung bei strategischen und taktischen Entscheidungen.

OKRs helfen den strategischen Fokus zu erzeugen, die Strategie in kurzen Iterationen zu validieren, um zu lernen und sich dynamisch anzupassen.  

Vorteile OKRs

Welche Vorteile bieten OKRs im Vergleich zu traditionellen Zielsetzungsmethoden oder KPIs? Wie fördern OKRs die Flexibilität und Agilität in einem Unternehmen?

Die meisten der derzeit verwendeten Managementkonzepte lösen Probleme von „gestern“, als die effiziente Massenproduktion die größte Herausforderung beim Übergang von kleinen lokalen Märkten zu größeren Märkten war.

Doch seit der Liberalisierung und Globalisierung der Märkte in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und insbesondere seitdem das Internet die Welt mit einem Klick verbindet, verändert sich die Art und Weise, wie wir denken, konsumieren stetig weiter.

Die Arbeit in kurzen OKR-Zyklen (drei bis vier Monate) durch Experimentieren, Validieren, Analysieren und Anpassen fördert eine adaptive Umsetzung der Strategie.

OKR Sprint planen

Auswirkungen der OKRs auf die Zusammenarbeit im Team

Wie wirken sich gut definierte OKRs auf die unternehmensinterne Zusammenarbeit aus und wie können OKRs helfen, Silos aufzubrechen und die Teamarbeit zu fördern?

Outcome (Wirkung – Verhaltensveränderung) orientierte OKRs zu definieren, ist der kritischste Erfolgsfaktor für langhaltige und konstruktive Arbeit mit OKRs.

Wenn Teams mit Outcomes geführt werden, indem sie aufgefordert werden, bestimmte Verhaltensveränderung bei Menschen (Kundschaft, Nutzende, Kollegschaft, o.ä.) zu erzeugen, anstatt vorgefertigte Lösungen zu liefern, können Teams kreative daran arbeiten die richtige Lösung zu finden und fokussieren sie sich darauf, einen Mehrwert zu liefern.  

Um Silos in Organisationen aufzubrechen, braucht es etwas mehr als die Anwendung eines einzelnen Frameworks. Allerdings, flexible OKR-Strukturen - anstatt streng kaskadierende Modelle, wie es in den populärsten OKR-Ressourcen zu finden sind -  können dabei helfen, ein horizontales und vertikales Alignment zu erzeugen.

Durch meine praktische OKR-Erfahrung in den letzten 7 Jahren habe ich mittlerweile eine OKR-Architektur entwickelt, die ich als ein „Solar System“ darstelle, die z.B. Produkt OKR, Shared OKR und weitere OKR-Modelle beinhaltet.

Dazu entwickelte ich ein eigenes OKR-Modell, das ich „Strategic Theme OKR“ nenne. All diese praxiserprobten OKR-Modelle können eine cross-level und cross-team Kollaboration fördern, indem die Beteiligte gemeinsam an bestimmte Problemstellungen  arbeiten.  

Kommunikation

Welche Rolle spielt die Kommunikation im Zusammenhang mit OKRs? Wie können Unternehmen die Kommunikation und Transparenz verbessern, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter die OKRs verstehen und ihre Beiträge zur Zielerreichung leisten können?

90 % der Organisationen implementieren OKRs, um Fokus und Alignment zu erzeugen. Über 60 % erhoffen sich eine bessere Transparenz durch OKRs.
(Quelle:
https://therebegiants.com/global-okr-research-report/)

Natürlich sind OKRs keine Selbstläufer. In meiner Erfahrung, Transparenz ist nicht erzeugt, indem die Ziele in Intranet dokumentiert und einmal in einer Unternehmensveranstaltung kommuniziert werden.

Transparenz ist viel mehr als zu wissen, woran die Kollegschaft bzw. andere Teams arbeiten. Wahre und sinnvolle Transparenz braucht eine klare strategische Richtung, die Fokus erzeugt, ohne zu sagen, was genau zu tun ist und gleichzeitig ausschließt, was nicht zu tun ist.

Durch die strategische Klarheit im OKR-Prozess und indem die OKRs die tagtägliche Arbeit mit der Unternehmensstrategie verknüpfen, können Mitarbeitenden erkennen, welche Rolle ihre Arbeit im gesamten Kontext spielt.  

Transparenz untereinander durch Gespräche schaffen

Beispiele

Können Sie uns einige Beispiele für erfolgreiche Unternehmen nennen, die OKRs auf beeindruckende Weise eingesetzt haben, um ihre Leistung und Agilität zu steigern? Was waren die Schlüsselfaktoren, die zu ihrem Erfolg beigetragen haben?

Zu behaupten, dass OKR als einzelnes Framework DER Grund für den Unternehmenserfolg sei, ist Augenwischerei und nicht glaubwürdig. Zum Erfolg führt das Zusammenspiel von unzähligen intern und extern getriebenen Faktoren.

OKRs kann eins von diesen Faktoren sein, wenn sie sinnvoll eingesetzt werden.

Im OKR-Kontext das meistgenannte Unternehmen ist zweifelsohne Google, als Vorbild für viele weitere Unternehmen in Silicon Valley. In deutschsprachigen Raum arbeiten mittlerweile auch prominente Unternehmen wie Deutsche Telekom, E-ON, Siemens, VW, DATEV und Bosch mit OKRs.  

Allerdings lade ich alle Lesenden ein, die von Google veröffentlichten Ressourcen, die erklären, wie Google mit OKRs arbeitet, mit Vorsicht zu genießen. Zum einen, weil Google ihre Arbeitsweise seit der Veröffentlichung selbst verändert bzw. angepasst hat. Und zweitens, weil die Umstände und Bedürfnisse jedes Unternehmens andere sind.

Ein positives Beispiel hierbei ist Spotify, das OKRs erfolgreich eingesetzt haben und mit der Zeit ihren eigenen Umgang damit gefunden haben, was sie später Spotify Rhythm“ genannt haben.
(Quelle:
https://blog.crisp.se/2020/05/25/mattiasskarin/comparison-of-three-strategy-alignment-frameworks)

Der Schlüsselfaktor zum erfolgreichen Einsatz von OKRs ist, dass die Frage „Wozu OKR?“ klar und deutlich beantwortet werden kann, und dass die Implementierung, wie jedes komplexe Vorhaben, iterativ stattfindet, damit schnelles Lernen und Adaptieren ermöglicht werden.

Best Practice

Welche Ratschläge und Best Practices würden Sie Unternehmen geben, die gerade erst beginnen, OKRs einzuführen oder ihre OKR-Strategie zu verbessern?

Als Erstes sollten die Unternehmen sich Frage stellen „Welche Probleme wollen wir mit OKRs lösen?“. Und dann sollte sie sich gut beraten lassen, um herauszufinden, ob und inwiefern OKR das richtige Framework dafür ist.  

Zweitens, die ersten Schritte der OKR-Implementierung werden den späteren Erfolg bestimmen. Gerade am Anfang, unter anderem, wegen des Dschungels von irreführenden OKR-Informationen, kann einiges schieflaufen. Um die häufigen Fehler zu vermeiden, empfehle ich Menschen mit praxiserprobter OKR-Expertise zu engagieren, die seit längerer Seit, in unterschiedlichen Kontexten OKRs implementiert haben.  

Zuletzt empfehle ich schnellstmöglich internes OKR-Know-How aufzubauen und interne Personen zu identifizieren, die langfristig den OKR-Prozess vorantreiben und weiterentwickeln werden, bis OKRs verinnerlicht werden und das Unternehmen ihren eigenen „OKR-Weg“ findet.

Zu unserer Expertin

Cansel Sörgens

Cansel Sörgens arbeitet seit 2008 in Produkt Management, die schnell von 100 auf 1000 Mitarbeitende skalierten, wo sie als Produkt- und Portfoliomanagerin strategische, abteilungsübergreifende Projekte leitete und später für die (Agile) Organisationsentwicklung verantwortlich war.

Seit 2016 hat sie mehrfach OKR in B2B-, B2C-, B2B2C- und B2G-Organisationen jeder Größe aus unterschiedlichen Branchen wie MedTech, FinTech, InsureTech, Consumer Electronics, Pharma, E-Commerce und Retail implementiert.

Ihre langjährige und praxiserprobte OKR-Expertise teilt sie als Beraterin, Trainerin, Speaker und Co-Autorin.




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